Ein dokumentarischer Blick ins Kino

Seit einigen Jahren drängen immer mehr Dokumentarfilme von jungen deutschen FilmemacherInnen auf die große Leinwand. Etliche dieser Filme laufen erfolgreich auf Filmfestivals aber nur ein paar werden in den Kinos von sehr vielen Menschen gesehen wie z.B. Bettina Blümners "Prinzessinnenbad" mit fast 92.000 Besuchern oder noch erfolgreicher: Sung-Hyung Chos "Full Metal Village" mit über 185.000 Zuschauern.

Im Dokumentarfilm begeben sich Regisseure fast immer auch auf eine Suche.

So unterschiedlich die Themen und die dramaturgischen Ansätze der Autoren und Regisseure/innen auch sein mögen; viele dieser erfrischenden Dokumentarfilme stellen häufig die präzise Beobachtung der Protagonisten und deren Handlungsräume in den Mittelpunkt des Geschehens. Die Auseinandersetzung mit der "realen Welt" schliesst hier Unterhaltung, Spannung und Dramatik - die sogenannten Schmiermittel des modernen Kinos - aber nicht aus, ebenso wenig wie eine gelungene Bildgestaltung oder den dramaturgischen Einsatz von Musik und Ton.

Diesen Trend reflektierten 12 Studierende der Uni Paderborn im Dokumentarfilm-Workshop "Der Kinodokumentarfilm - Dramaturgische und ästhetische Kriterien des Realen auf der großen Leinwand" im Wintersemester 2010/11. Sie setzten sich  u.a. mit folgenden Fragestellungen auseinander: Welche Kriterien sind maßgeblich, dass einem dokumentarischen Thema eine Kinotauglichkeit zugetraut wird? Wie kann ich solche Themen finden? Welche dramaturgischen und narrativen Mittel können eingesetzt werden? Welche Rolle spielt die Wahl der Protagonisten?

In "Culture Clash Community" umreissen die Regisseurinnen multiethnisches Zusammenleben.

Unterstützt von ihrem Dozenten, dem Berliner Dokumentarfilm-Reggiseur Rouven Rech (u.a. der Kinofilm "Das Leben ist kein Heimspiel"), versuchten die Studenten Antworten zu finden und diese in eigens konzipierten Kurz-Dokumentarfilmen umzusetzen. Ideen und Themen wurden auf ihre Machbarkeit hin diskutiert und in Form eines kurzen Exposés ausgearbeitet. Die Bandbreite der studentischen Produktionen umfasst nach einer fünfmonatigen Produktionsphase einen vielfältigen Einblick in die verschiedensten Ebenen der heutigen Gesellschaft. Das Leben von Nonnen in einem sich langsam öffnenden Klarissenkloster haben die Studenten ebenso mit der Kamera begleitet wie eine Gruppe junger Männer, die in ihrer Freizeit in Mittelalter anmutenden Kostümen Dracheneier suchen.

Der Film "Die Söldner der grünen Feste" zeigt weit mehr als junge Männer allein im Wald.

Das Zusammenleben junger Frauen in einer multiethnischen Wohngemeinschaft kann ebenso spannend erzählt werden, wie das dramatische Leben einer Klofrau in Köln.

Entscheidend für das Gelingen eines überzeugenden Dokumentarfilms sind auch hierbei die eigene Haltung zum Thema - zugegebenermaßen bei einer Gruppenarbeit schwierig heraus zu arbeiten - sowie die passende Dramaturgie.

"Dramaturgie ist das, was der Filmer vom ersten Moment an im Kopf haben muss: seine Idee, seine - hoffentlich aufregende - Vorstellung vom ganzen Film und was er damit überhaupt sagen will."

Georg Stefan Troller. Die Kunst des Dokufilms. (LI Herbst 2010)

Carsten Engelke; 06.04.2011

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